Übrigens war der Begriff "Interzonenzug" auch im Sprachgebrauch des DDR-Bürgers nicht ganz unüblich, der Eisenbahner sprach zuweilen vom "Angstzug", weil man Angst hatte, diese irgendwo außerplanmäßig zum Halten zu bringen.
Im Saaletal interessierte sich zuweilen die Transportpolizei für uns jugendliche Eisenbahnfotografen, wenn wir zur Zeit des Transitzuges an der Strecke standen. Wenn man den Genossen höflich erklärte, dass eine der Göschwitzer 41er mit dem 55445 das Objekt der Begierde sein soll, war aber alles gut. Größere Diskussionen gab es dann nicht.
Komisch angesehen wurde ich nur einmal, als ich in Halle Hbf in der Kantine gespeist hatte und dann über den Postbahnsteig gerade auf dem Rückweg zur Bahnsteighalle war, als solch ein Transitzug neben mir kurz hielt und gleich weiterfuhr. Auf dem Bahnsteig gegenüber standen zwei Genossen der Transportpolizei und beäugten mich etwas seltsam.
Mag sein, daß das mancher auf der anderen Seite nicht versteht, aber es ist schon mal ein Fortschritt, wenn zu der Erkenntnis gelangt wird, daß der Begriff "Interzonenzug" mindestens unkorrekt ist. Der Begriff wurde auch weiterhin verwendet, nicht einfach, weil er sich eben eingebürgert hatte, sondern weil die Bundesregierung der DDR trotz Grundlagenvertrag und UNO-Mitgliedschaft auch weiterhin die volle und uneingeschränkte Anerkennung verweigerte. Nach ihrer Auffassung sollte die DDR ja nicht einmal Staatsbürger gehabt haben und die Grenze zwischen beiden Staaten keine Staats- und damit völkerrechtliche Grenze gewesen sein. Dabei bestimmte aber der Grundlagenvertrag, daß sich die Hoheitsgewalt eines jeden der beiden Staaten auf sein eigenes Staatsgebiet beschränkte. Das jedoch waren - und da kann man streiten wie man will - Grundvoraussetzungen für halbwegs normale Beziehungen und somit auch für einen einigermaßen normalen Reiseverkehr. Den Mindestumtausch gab es schon seit 1964 und nicht nur in der DDR, sondern auch in zahlreichen anderen Mitgliedsländern des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW, in westlichen Staaten immer nur Comecon genannt). Ihn gibt es auch in zahlreichen lateinamerikanischen Ländern, wo pro Person und Aufenthaltstag ein festgesetzter Mindestbetrag in US-$ umzutauschen ist. Vergessen wird zudem, daß nicht ausgegebene Zahlungsmittel auf ein Konto bei der Staatsbank der DDR eingezahlt und damit beim nächsten Aufenthalt genutzt werden konnten. Der 1980 auf 25,- DM festgelegte Satz betraf ausschließlich Erwachsene, für Kinder und Rentner war er niedriger - alles nachzulesen bei WIKIPEDIA. Und was die Grenzkontrollen betrifft, die ich übrigens in Görlitz seitens des polnischen Grenzschutzes und Zolls ebenfalls in nicht gerade angenehmer Erinnerung habe, sollte man daran denken, was seit Egon Bahr auch gerichtsnotorisch ist: "Die Politik der Bundesrepublik Deutschland war darauf gerichtet, die DDR zum Verschwinden zu bringen." Ein Verhältnis wird schließlich immer von beiden Seiten bestimmt. Leider habe ich in dieser Hinsicht selten sachliche Diskussionen, sondern meist wüste Beschimpfungen erlebt, weshalb ich Politik lieber außen vor gelasen hätte. Beim Thema "grenzüberschreitender Reiseverkehr" ist das aber zwangsläufig unmöglich. Lassen wir's also gut sein. Nur so viel noch: Ich habe seit 1990 wie so viele andere auch, von denen das zuvor eine ganze Anzahl nicht glauben wollte, Arbeitslosigkeit und dann auch "Hartz IV" zur Genüge erleben müssen. Da darf ich doch wohl auf wenigstens etwas Verständnis dafür hoffen, daß ich keineswegs froh darüber bin, wie es gekommen ist. Um zum Schluß nochmals auf die 25,- D-Mark Mindestumtausch zurückzukommen - das Wahlergebnis für die rasch ihre Gesinnung gewechselt habende Block-CDU 1990 hatte sehr viel damit zu tun, daß die Wahlpropaganda den Menschen einredete, wie hoch doch Löhne und Gehälter in der Bundesrepublik seien. Ich habe noch Fotos von den Wahlplakaten. Muß es da nicht wundern, daß die Bundesbürger 1980 plötzlich als eine Art "arme Kirchenmäuse" hingestellt worden waren, die sich nun keinen Besuch mehr in der DDR leisten konnten?
Mal am Rande erwähnt,in meiner Potsdamer Zeit war der "Interzonenzug" auf der Relation Rostock-Potsdam-Plauen-München der eizigst machbare schnelle Zug mit Abfahrt 19.42 Uhr Potsdam und Ankunft 00.20 Plauen o.Bhf. Ich hatte nie wirklich Ärger mit Trapo und so,aber aufgrund meiner kurzen Haare wurde ich argwöhnisch beäugt,die Uniform war in der Tasche gut verstaut.Als Armeeangehöriger durfte man diesen Zug nicht benutzen,aber ohne diese Zugverbindung wäre ein Urlaubsschein zum verlängerten Wochenende eh zum Ar... abwischen . Außerdem waren die Vorzüge dieser schnellen Transitverbindung nicht unangenehm,nette Plaudereien,zwar meist erst kurz vorm aussteigen,aber auch hin und wieder mal ne Coca und Schokolade,manchmal auch andere Leckereien( Marlboro,Ernte23 und so)! Im übrigen,solche Verbindungen heute-Fehlanzeige!
Hallo Nochmal, nur zur Richtigstellung, weil hier der Begriff "Angstzug" gefallen ist. Als "Angst..zug oder Zitteraal" wurden die Transitzüge Berlin West - Bundesgebiet bezeichnet, die planmäßig keinen Halt auf DDR Gebiet hatten und im Prinzip exterretoriales Gebiet waren. Für diese Züge wurde die "Straße" freigemacht. Bei den ander "Interzonen- "- grenzüberschreitenden Zügen hatten außerplanmäßige betriebsbedingte Halte keine Auswirkungen. Als Beispiel: Die Städteexpresszüge, ja sogar einzelne Leistung z.B im Berufsverkehr hatten eine höhere Vorrangstufe als der 466 Görlitz- München. Der 467 München- Görlitz (aber nicht ganz sicher) hatte noch nicht mal eine Vorrangstufe. Gruß Jens
Hallo Der "Zitteraal" waren D 308 / D309 und durften auf dem Gebiet der DDR nicht unter 20 Km/h kommen geschweige dem halten außer zum Lokwechsel in DRC. Im Bf Werdau war laut La-Eintrag eine DKW mit 10 Km/h begrenzt außer D308/309 20 Km/h. Ich hoffe ich konnte etwas wieder helfen. Gruß Jörg
Ich dachte immer, die Transitzüge fuhren komplett durch? wenn da in DRC LOkwechsel war, mußte ja zumindest ein zweiter Lokwechsel irgendwo stattgefunden haben. Wo wurde dieser denn ausgeführt? Und ich bin oft genug in "Interzonenzügen" mitgefahren und hatte nie Probleme, denn die waren ja auch ganz regulär für den Binnenverkehr freigegeben?!
Hallo, einige Ergänzungen kann ich auch noch liefern, schon aufgrund früherer Tätigkeiten (Dispatcherleitung Zwickau)
Es gab 3 Vorranggruppen von Zügen. Sie wurden in den (Bild-)Fahrplänen mit den römischen Ziffern I, II und III gekennzeichnet. Gruppe I waren 308 und 309 - und solange sie verkehrten - auch 1108 und 1109 (Ferienzug Berlin (West) - Allgäu und zurück, 1x pro Woche, Di hin, Mi zurück) Gruppe II waren wichtige Züge, nicht nur Reisezüge wie die Städteexpresszüge, sondern auch z.B. der TEEM 41800 Malmö - Bologna (wenn ich mich recht erinnere) Gruppe III waren alle wichtigen Berufszüge, z.B. die Wismutzüge Altenburg - Schmirchau, viele Berufszüge zwischen 16 und 17 Uhr, usw.
308/309 fuhren zeitweise auch mal über Zeulenroda - Gera (in den Siebzigern) Auf Elektro umgespannt wurde nur kurze Zeit, der andere Lokwechsel war in Dessau. Ansonst fuhren die tatsächlich mit Diesel bespannt durchgehend, in DRC war trotzdem ein Betriebshalt vorgesehen.
Einwas möchte ich noch zu den "Interzonenzügen" 408/409 und 466/467 (auch 1466/1467) sagen. Auf diesen Zügen fuhren immer Zivilkontrollen des MfS von Leipzig bzw. Dresden her mit. Sie hatten die Aufgabe, verdächtige Personen zu observieren und den Grenzkontrolleuren ihre Beobachtungen mitzuteilen. Es war schon ein Überwachungsstaat, die DDR, was?
Der Didi Vertrauen braucht Jahre, um zu wachsen. Aber es genügen Sekunden, um es zu zerstören.
D 308/309 wurde in DRC von Diesel auf Elektro umgespannt. Dazu waren wir als Trapo zur Außensicherung eingesetzt. Beim D 308 standen auf der Fedor-Finzer Straße Polizisten vom Polizeirevier Reichenbach. Ich gehörte damals nicht zu den "guten Volkspolizisten", die das Zugpaar von Gutenfürst bis Griebnitzsee begleiten durften. Die La-Stelle in Wrdau hing nicht mit der DKW zusammen. Unter den Gleisen verlief damals eine Heiztrasse. Deshalb war dort die La-Stelle. Die Durchfahrt in Werdau wurde von der Trapo in Zwickau abgesichert. Das wurde immer gerne für einen besuch in der Kantine des BW Werdau genutzt.
D408/409 und 466/467 Die Zivilkontrollen des MfS waren nicht von der Stasi. das waren Transportpolizisten der Transportpolizeiämter Leipzig und Dresden. Das waren normale Transportpolizisten (ausgebildet auf der Trapo-Schule Halle) und gehörten damals zum Dezernat 4. Also nichts besonderes. Ihre Erkenntnisse während der Fahrt konnten die garnicht den Grenzkontrollen mitteilen, da die Trapo in Plauen abstieg und die Paßkontrolle hier erst zustieg. Kontakt war da nicht möglich. Man kann nicht alles, was man nicht begreift, der Stasi zuordnen! Zivilstreifen in Reisezügen gibt es heute auch noch !!! Ab den 80er Jahren wurde die Fahrt über die Mehlbahn nur bei besonderen Betriebslagen durchgeführt. Außensicherun war ab einer Geschwindigkeit unter 20 km/h angeordnet. Die zuständigen fahrdienstleiter kündigten so etwas rechtzeitig an.
So, will euch nicht länger langweilen. Könnte darüber noch Seiten füllen.
Hallo hier habe ich noch einen Zeitungsartikel gefunden wo es der „Freien Presse“ wert war den D 309 zu erwähnen. Er wurde aber nicht über DMEH umgeleitet da dies seine planmäßige Strecke war. Er mußte da nur „2 Stunden“ warten bis die Strecke zwischen DSB und DRTH wieder frei war da diese zu dieser Zeit noch eingleisig war. Gruß Jörg
ich bin erfreut über das große Echo zu unseren Bericht. Jeder hat zu dieser Zeit seine eigene Sichtweise.
Zum Thema "D 308/309 kann ich Euch einen Bericht über eine besondere Fahrt schicken. Anfang September 1989 fuhr ich mit D 309 von Berlin nach Hof Hbf. Vor dem Leipziger Güterring wurde der Zug gestellt. Nach einiger Zeit wurde von einen daneben stehenden Kesselwagenzug, dessen DR 220 abgespannt und diese übernahm einschliesslich der DR 243, welche ab Dessau am Zug lief, den Zug bis Gera Süd. Im Bahnhof Gera Süd wurde der Zug umgespannt auf eine DR 119, welche den Zug über Zeulenroda unt. Bahnhof bis Mehlteuer bespannte. Hier wurde der Zug auf eine Passlok des Bw Reichenbach umgespannt mit der es nach Hof Hbf weiterging. Ich hätte nie gedacht, später die Strecke nach Gera mit unserer V 100 1023 zu befahren.
Hallo Das eigentlich Kuriose an dem Artikel ist doch wohl, daß mit D309 eine Zugnummer erwähnt (benannt) wird, die der normale Reisende, unter Berücksichtigung des unten angegebenen Datums, in keinen Kursbuch gefunden hat. Da löst dann die versuchte "Verschleicheung" des realen Zuglaufs eigentlich nur ein müdes Lächeln aus. Gruß Jens
Zitat von CargonautIch dachte immer, die Transitzüge fuhren komplett durch? wenn da in DRC LOkwechsel war, mußte ja zumindest ein zweiter Lokwechsel irgendwo stattgefunden haben. Wo wurde dieser denn ausgeführt?
MfG
Hallo Cargonaut,
die Bespannung war im Laufe der Jahre unterschiedlich, die DR 132 lief teilweise zwischen Hof Hbf und Berlin durch. Hierbei fand ein Personalwechsel in Reichenbach ob Bf. statt. Teilweise kam es zu einen Betriebshalt in Dessau. Zeitweise wurde der Transitzug zwischen Reichenbach ob Bf und Dessau mit einer DR 243 bespannt. Ab Dessau ging es mit DR 132 weiter. Einige Zeit fuhren die Züge planmässig über Zeulenroda unt. Bahnhof. Zu dieser Zeit wurden die Züge mit DR 118 des Bw Halle bespannt. Auch bei planmässigen Umleitungen wegen Bauarbeiten wurden DR 118 eingesetzt.
Der Weg um Leipzig war auch unterschiedlich. Zeitweise über der Leipziger Güterzugring, zeitweise über die Leipzig-Leutzsch und Leipzig-Plagwitz.
Damals hätte ich nie gedacht, diese Bahnhöfe mit der S 1 im Dienst noch öfters anzufahren.
Hallo an alle, ich hätte ein paar Fragen an unsere Zeitzeugen. Ich kann mich immer nur an die 132 an den Transitzügen erinnern. Die Lok startete in Rummelsburg Betriebsbahnhof. Dürfte nur etwa 4000 l Diesel an Bord gehabt haben, da über die Stadtbahn nur ²/3 der Vorräte erlaubt waren. Bei einem maximalen Verbrauch von 4-6 l pro km schafft man es zwar locker bis nach Hof, aber wieder zurück nach Berlin glaube ich nicht. Wurde in Hof getankt? Oder erfolgte eine Rückleistung bis Reichenbach bzw. Zwickau zum Betanken? Vielen Dank für die Antworten. Gruß Thomas
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Interzonenzüge in Münchberg und Hof Hbf
29.01.2012 14:40 (zuletzt bearbeitet: 29.01.2012 14:41)
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