Praha-Zlicin

Manchmal ist es seltsam, mit welchem Ergebnis Ausflüge stattfinden können. Es war ja nur etwas für einen Freund in einem Prager Außenbezirk zu besorgen. Verbunden wurde dies mit dem monatsüblichen Besuch der burza in Prag.

Abfahrt Cheb 4.31 Uhr, und wie gehabt, weiterhin im B, dem legendären Bautzner Abteilwagen. Der letzte Waggon des R 753 ist so einer geblieben, während der Rest des train auf Großraum und Abteil mit Klimaanlagen umgestellt wurde. An Arbeitstagen schwimmen wohl weitere Einzelwagen auf der Strecke Cheb – Praha mit.

Bis hinter Beroun konnte ich allein im Abteil „lang gemacht“ gut schlafen und dösen. Das Wetter zeigte sich teils aufklarend, was ausnahmsweise der Vorhersage entsprach. Um 7.44 Uhr rollte der Schnellzug pünktlich im Hauptbahnhof Prag ein. Zuerst gab es ein Frühstück drunten in der nördlichen Unterführung, wo es noch „turecka kava sebou“ gibt und kein Maschinengift „to go“. Auf der Börse war bereits munteres Treiben, die Gänge jedoch nicht so extrem verstopft wie üblich im November. Ein kurzer Plausch mit den ganzen Kontaktpersonen, man sieht sich in drei Wochen wieder. Und dann nochmals im Dezember.



Ab Praha Masarykovo nadrazi fuhr ich mit der Metro bis Andel. Freilich hätte ich mit dieser Metro-Linie gar bis raus nach Zlicin fahren können. Der Anfangs-/Endbahnhof der Strecke 122 Praha – Hostivice – Rudna u Prahy fehlte aber noch in der Sammlung als „benutzt“. Und „Na Knizeci“ gehört wie so vieles zu den Eigenheiten der tschechischen Landeshauptstadt. Wer vermutet schon am Busbahnhof von Andel hinter diesem Loch im Zaun einen Bahnsteig? Eher könnte man meinen, sich in den Biergarten einer hiesigen Schankwirtschaft zu begeben.


Ein knapper Bahnsteig für die 14m Triebwagen, Fahrplan, Lampe und Stationsschild reichen aus.


Pünktlich kommt die Sonne heraus. Mit neun Personen tritt der Os 25908 seine Fahrt nach Hostivice an. Zuerst schlängelt sich der Zug durch Praha-Smichov „hinten“ herum am Praha Smichov severni nastupiste vorbei, um sogleich die Steigungen im Bereich Hlubocepy und Zvahov durch fulminante Felslandschaften zu durchfahren. Unterwegs die Erkenntnis, dass man an dieser Strecke einige recht gepflegte Motive hätte. Feine Postenhäuser entlang gepflegter Häuserzeilen und diverser Stadtansichten. Der strahlende Sonnenschein dazu trägt seinen Teil bei. Das wäre doch was für ein Winterwochenende in Prag? Abends mit dem Stativ und Fotoapparat auf den Bahnsteigen hantieren, einen Durchzug in Nicht-Touristen-Kneipen machen…


In Zlicin selbst ist Kreuzung, doch für mich endete hier die Reise.


Kaum zu glauben, dass dieser Bahnhof in Prag steht, wenn auch nicht mehr mitten im Zentrum. Schließlich stehen östlich dess EG mehr als genug hohe Häuser. Eine lokalka mitten in der Hauptstadt. Man stelle sich derartiges z.B. in München vor.

Der Grund des Besuches ist hier ein Modellbahngeschäft unter der Adresse Makovskeho 1140. Es sind keine fünf Gehminuten bis zu „AMB modely“. Hier hatte ich tags zuvor angerufen, ob der Modellbahnartikel vom Hersteller SIKULOVE auch vorrätig ist, und Samstag der Laden geöffnet hat. Das Material war zurück gelegt, fix gezahlt und schon trabte ich in Richtung Bahnhofsbrücke und Metro-Endstation Zlicin. Bei Erreichen des Bahnhofes hörte ich Schrankengeläut, ein Typhon und ein allzu bekanntes sonores Brummen! Jessas! Was kommt jetzt da gebrummt? War da was im Kursbuch? Ich maß dem historischen Zug in der Fahrplantabelle keinerlei Bedeutung bei. Wer würde denn nach der Saison (bis 26.10.) und vor den Nikolaustagen so etwas vermuten?


Da stand er denn - wie bestellt! M262 1117 entließ die Schar Kinder und einen Fotografen.


Groß umher zu wählen war da nix am Motiv. Drei Einstellungen gab es her und fertig.


Schon brannte das Spitzenlicht. Herrje, nicht mal Zeit war jetzt, um im Kursbuch zu lesen, ob das nun der übliche Prazsky motoracek der KDS ist, die hier im Sommer regelmäßig verkehrte. Abfahrt! Zwack, ein letztes Bildchen, und ich trollte mich endlich in Richtung Metro-Station davon. Klar hätte ich noch bis zur Rückfahrt des kufr nach Smichov warten können. Doch die Befahrung des Linienastes Zlicin – Centrum Praha fehlte mir ja auch schon ewig.


Die Kopframpe da rechts ist ganz was feines. Lassen sich doch hier Straßenbahnen absetzen und über die Wendeschleife ins Netz einstellen. Dem Rost auf den Schienenköpfen nach zu urteilen, könnte schon länger nichts zugestellt worden sein.


Blick von der Fußgängerbrücke in Richtung Nordwesten. Im Grunde war/ist die Metrolinie nach Zlicin ein Stilllegungsgrund dieser Strecke. In Jicin selbst liegen Metrostation und Bahnhof nur einen Steinwurf weit entfernt auseinander. Straßenbahnen und Busse versorgen parallel alles gut. Wer weiß, wie lange also hier noch ländlicher ÖPNV angeboten wird.
Ein Ausbau als S-Bahn bis nach Hostivice und Rudna und weiter würde für die nun in den letzten Jahren dort hinaus gezogenen Bürger einen erheblichen Vorteil bringen. Vielleicht gibt es schon lange dahin gehende Überlegungen und das liebe Geld verhinderte dies bis jetzt.


Blick gen Süd-Ost. Links die Strecke 122 in Richtung Jinonice und Smichov, rechts das Gleis ein Zubringer zu einem Industriegebiet.

So war ich nun zufrieden, dass ich nicht hektisch auf die Brücke gerannt bin und krampfhaft versucht hätte, was motivlich relevantes einzufangen. Der Bahnhof war also die bessere Wahl.
Die Metroendstation ist nach nicht mal 15 Minuten gemütlichen Spazierganges erreicht. Dort ist viel los, fast wie im Stadtzentrum. Ein großer Konsumtempel und eine ausgedehnte Busbahnhofanlage zeugen von Wichtigkeit. Ich fahre bis Florenc, steige dort um und komme so bis zur Vltavska beim Bahnhof Praha-Bubny.


Passend zu meiner Ankunftszeit fährt eine Regionova aus Kladno daher.

Und wie es der Zufall will, völlig ungeplant für diesen Tag, beende ich bei gleichem Wetter wie heuer am 11. März, meine tschechischen Rundfahrten für dieses Jahr. Das Jahr 2014 hatte hier für mich begonnen und wird wohl nun hier vermutlich abgeschlossen sein. Klar, dass wenn es in 2014 nochmals zu sonnigen Tagen kommen sollte, man Tage frei schaufelt und sich wieder in Bewegung setzt.

Hunger hatte ich, erst recht Durst. Nach 150 Metern wurde ich fündig. In der Veletrzni 5 ist das „Stejkarna“. Wenn man will, ein „Steak-house“ einge-tschecht. Wer würde denn in Deutschland „Steak-Haus“ sagen? Oder „Steak-erei“?
Die beiden Eingangstüren sind uralt mit klapprigen Glasscheiben. Aber für mich ungemein das Zeichen, dass es hier passen muß! Sozusagen der Eingang zur Gemütlichkeit.
Ich genehmigte mir zwei unfiltrierte Staropramen, hinzu „Michany salat s cherry rajcatky“ Und ein 220gr Steak „well medium“ mitsamt hranolky. Ohne Stress labte ich mich daran, keines Blickes der Uhr würdigend. 412 Kronen waren zu bezahlen und ich machte mich gemütlich wieder zum Bahnhof davon.


13.17 Uhr, der Os 9863 rollte ein, darauf hatte ich vier Minuten Wartezeit.

Ein 50Meter-Sprint zum Zug und fix war ich in Praha Masarykovo nadrazi. Noch fünf Minuten Fußweg zum hl n. Hier war etwas über eine halbe Stunde Zeit.

371 001 in der Lackierung „Najbrt II“ wanderte auf den digitalen Film.

Der Opa hier? Wacker kämpfte er sich von der Rolltreppe schwer auf die Krücken stützend heran, nahm ohne groß zu suchen am idealen Standpunkt Aufstellung mit der analogen Kamera und machte sein perfektes Porträt der Lok.
Ich musste dem lange zusehen und nachdenken.
Ich schätzte ihn auf Ende 70. Was mache ich da in 30 Jahren? Was wir? Falls wir uns längst nicht vergiftet und erschlagen haben. Ob dann im muzeum Luzna u Rakovnika oder Chomutov eine 371 ausgestellt ist? Sicher wird da keine "eso" (pershing) mehr fahren, und wohl auch nicht bei einem privaten EVU. Und die heute neuen 380er werden bis dahin ebenso verschwunden sein. Was wird dieser alte Mann noch vor 30 Jahren hier auf den Bahnsteigen der Hauptstadt Prag fotografiert haben dürfen? Was für ein Archiv mag er haben? Sind das hier meine letzten Zuckungen in einem nun 25 Jahre andauernden Hobby? Nachdenken könnte man über vieles.


Man(n)/Frau trägt pink! Bei RegioJet, dem privaten EVU in Böhmen und Mähren. Zwei Mann/Frau Personal pro Waggon umsorgen den Fahrgast. Zum Abfahrtsmoment ist die weibliche Waggon-Begleitung mit dem Service schon zugange. Das männliche Pendant kümmert sich noch um den Abfahrtsvorgang.

Ich bunkere einen turecka kava zum Mitnehmen, dazu zwei koblihy. Und mein Schnellzug zur Heimfahrt stand schon am Bahnsteig bereit.

Leider Großraum. Doch den Vierer-Platz mit Tisch nahm ich alleine in Beschlag ;-) Der R 758 „Krivoklat“ nach Cheb, Abfahrt 14.15 Uhr, Cheb an 17.28 Uhr.


Kaffeesatzleserei!
Was wird 2015 bringen? Zunächst heuer noch für viele Hobbykollegen einen Berg bei mir bestellter Kursbücher. Hoffentlich einige sonnige Tage im angehenden Winter, sofern er denn kommt. Und fürs nächste Jahr steht schon mal die frisch revidierte und im grünen Lack unter der Fahne von SD fahrende 121 038 als erstes Muss-ich-haben-Objekt auf der Liste.

Konec,

malo

Servus !

Erstmal schönen Dank für den Bericht !
Solltest Du einmal einen unqualifizierten Beifahrer brauchen ? Bin dabei !

Gruss aus dem Vorort................wir wollten damals nicht eingemeindet werden...............

Was soll einen noch dadazua einfallen außer Sprachlosigkeit?

Servus,

diese Teile benennen Tschechen "Bison". Gibt drei bei SD, und eine bei CZloko.
Obacht: derzeit schraubt man auf dem Rahmen von einer 2M62 in Riga solche Aufbauten drauf...

Wohin die das Zeug karren, weiß ich nicht. Denke aber fast an Kalkbruch, was dann nach Ledvice gebracht wird. Aber schlag mich, 100%ig weiß ich das auch nicht. Auf jeden Fall fährt das Zeug regelmäßig.
Evtl. mal im Oleba ansprechen und dort anfragen.

Malo