Hallo,

zwar liegt es schon ein Weilchen zurück, dennoch möchte ich noch den Bericht des Osterurlaubs nachreichen. Der Familienurlaub stand vor der Tür und glücklicherweise musste nicht lange überlegt werden, wohin die Reise führt. Hatten wir letztes Jahr schon die Würfel zwischen der Toskana und Slowenien geworfen, sollte es nach dem letztjährigen Aufenthalt in Italien ins kleine aber feine Land am Übergang von den Alpen zum Balkan gehen. Selbstverständlich war auch der ein oder andere Ausflug an den Schienenstrang verabredet, aber auch fernab der Eisenbahn bietet Slowenien recht sehenswerte Sachen an.
Mit Eisenbahn in Slowenien assoziiert man zwangsläufig zwei Dinge: Koperrampe und Graffititriebwagen. Die beschmierten Züge empfinde ich zwar auch nicht als schön, aber viele Bildberichte brachten mich zu der Überzeugung, dies gehöre in der Balkanregion bzw. Ex-Jugoslawien einfach mit dazu und sollten daher auch kein Grund sein, nicht den Auslöser zu betätigen. Hingegen nicht im Fokus stand von Anfang an die Koperrampe, trotz des wahrscheinlich abwechslungsreichen Verkehrs und der zahlreichen eindrucksvollen Ausblicke. Sicherlich, sollten Wetter, Zeit und Familie es erlauben ließe sich das noch mit einbauen, aber Hauptaugenmerk lag vielmehr auf den Elloks der Baureihe 342, die seit fast 50 Jahren im Gleichstromland zum Einsatz kommen und deren Ablösung durch neue Stadler-Triebwagen nicht mehr lang auf sich warten dürfte. Hinzu kam, das stellte ich aber erst vor Ort fest, dass zwischen Divača und Koper SEV herrschte. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass für mehrere Wochen der Güterverkehr auf der wichtigen Verbindung von und zur Adria unterbrochen ist, aber für mich persönlich stellte das Wegfallen des Personenverkehrs doch eine Einschränkung hinsichtlich der möglichen Fotoausbeute dar.
Über den exakten Einsatz der mehr oder weniger liebevoll „Moped“ genannten Maschinen hatte ich mich nicht tiefgründig informiert, aber aus Bildern schloss ich, dass einige Fernzüge in die Nachbarländer Österreich und Ungarn Planleistungen der in Italien gefertigten Fahrzeuge sind. Und diese Züge müssen durch das abwechslungsreiche, eher unbekanntere Hügelland östlich Ljubljanas zwischen Sava und Drava. Ziemlich zentral in diesem Gebiet liegt die Stadt Celje, nach der Hauptstadt und Maribor die drittgrößte Stadt des Landes. Dort bzw. in der näheren Umgebung wurde nach Unterkünften gesucht und nach nicht langer Suche auch eine passende gefunden. Diese lag etwa 20 km westlich der Stadt in Šešče pri Preboldu bereits in den Hügeln südlich des Celje-Beckens, in dem sich nahezu alle größeren Gemeinden des Umlandes befinden.

Karfreitag, 19.04.19

Von der Hinfahrt am Lkw-freien Karfreitag versprachen wir uns ein flüssiges und staufreies Vorankommen, aber weit gefehlt. Insbesondere entlang der Donau zwischen Regensburg und Passau staute es sich stärker. Die Urlaubsrichtung hatten viele eingeschlagen, aber nun ja, es war ja schließlich Car-Freitag (höhöhö). In Österreich rollte es zwar wieder besser, dafür standen wir am Gleinalmtunnel aufgrund von Bauarbeiten für längere Zeit. Schlussendlich erreichten wir die Unterkunft erst gegen 20:00 Uhr. Selbige nennt sich Hillside Bio Resort, was eher nach einer großen, perfekt durchgeplanten Erholungsanlage denn nach einer kleinen Ferienwohnung klingt und ist bedenkenlos empfehlenswert. Vorausgesetzt man ist bereit auf traditionelle Art zu heizen, außer einem rustikalen Holzofen existieren keine weiteren Heizmöglichkeiten. Aber laut der Wettervorhersage für die nächsten Tage würde man diesen eher weniger benötigen.

Ostersamstag, 20.04.19

In der Tat, nach dem Ausschlafen lachte die Sonne von den Hügeln. Am Vorabend hatte ich schon mal nach potentiellen Zügen geschaut und feststellen müssen, dass ein Großteil der Züge zwischen Celje und Zidani Most, wo die durch Celje fließende Savinja, nach der Durchquerung eines verhältnismäßig engen Tals in die Sava mündet, als Busse gefahren werden. Dies galt speziell für die IC-Züge zwischen Ljubljana und Maribor und die Regionalzüge. Die Fernverkehrszüge ins Ausland hingegen sollten davon nicht betroffen sein. Neben einem EC von Zagreb ist MV 247 nach Budapest mit dem wohlklingenden Namen „Citadella“ einer der beiden am Vormittag Celje in östliche Richtung verlassenden Züge. Die Strecke von Celje nach Maribor, die bereits 1843 als Teil der österreichischen Südbahn nach Triest eröffnet wurde, verläuft zunächst flach und gerade im Becken von Cilli, der deutschsprachigen Entsprechung der Stadt, schwenkt dann aber kurz hinter Šentjur nach Norden und durchquert eine sanfte Hügellandschaft, die aufgrund ihrer vielen Wiesen und verstreuten Bebauung ein wenig an das Allgäu erinnert. Lediglich von einer Fotostelle nahe des Haltepunkts Ostrožno hatte ich im Vorfeld ein Bild gesehen, was mir auch gefiel, aber vielleicht würde man ja noch etwas entdecken. So war der Plan ab Ponikva der Bahn zu folgen und nach Motiven Ausschau zu halten, aber die Zeiger waren schon recht weit gewandert und den Zug zu verpassen wollte ich nicht riskieren, also gab es den Citadella an der recherchierten Stelle. Der Zug bestand erwartungsgemäß aus einer 342 und zwei slowenischen und einem ungarischen Wagen. Hier war man fernab jeglicher größerer Straßen und die einzige Betriebsamkeit kam von ein paar Traktoren, die sich über kleine, wahrscheinlich jeweils private Äcker hermachten. Da es hier auch dem Rest der Familie gefiel, wurden noch die beiden nächsten Züge hier abgewartet. Ein Regionalzug, in Slowenien als LP bezeichnet und ein IC sollten zwar von Nord und damit eher aus dem Licht heraus erscheinen, aber da es sich höchstwahrscheinlich um Triebwagen handeln würde, könnte man daraus schon etwas basteln. Nicht lange warten musste ich auf den Regionalzug nach Celje, den ich als Graffiti-Desiro erwartete, aber zu meiner Freude komplett frei von Schmierereien war. Nun sollte es davon wohl nicht so viele geben und ich war zunächst etwas ärgerlich, dass ich den vielleicht einzigen grafittifreien Triebwagen nur an einer kompromissbehafteten Stelle erwischte. Aber für Gram war nicht viel Zeit, denn von Norden näherte sich bald der nächste Zug, IC 17. Dieser dürfte einer der drei Pendolino der Baureihe 310 sein, die als InterCity Slovenija vermarktet werden. Dem war auch so und er konnte sogar mit einem Stück Frühlingswiese abgelichtet werden.


Welch Überraschung, ein sauberer E-Desiro als Regionalzug von Maribor nach Celje


So könnte es nach Elektrifizierung im Allgäu aussehen, vielleicht ist bis dahin die inzwischen auch schon fast 20 Jahre alte Baureihe 310 auf dem Gebrauchtfahrzeugmarkt

Als nächstes stand wieder ein Moped auf dem Plan, EC 151 „Emona“ von Wien nach Ljubljana sollte eine Stunde nach dem IC hier sein und für den galt es nun ein Motiv zu finden. Größere Chancen rechnete ich mir weiter nördlich zwischen Dolga Gora und Poljčane aus. Hier drängt sich die Bahn eng an die Hügel und eine schmale, aber im guten Zustand befindliche Straße folgt ihr. Erwähnenswert ist, dass sich in diesem Bereich nach der Alpenvereinseinteilung der Ostalpen die Trennlinie zwischen Konjiška Gora, welche zum Pohorje (Bachergebirge) und damit zu den Alpen gehört, und der Haloze, einer Hügelregion, dessen bekannteste Erhebung der 979 Meter hohe Boč darstellt, befindet. Kurzum, an dieser Stelle beginnen bzw. enden die Alpen. Bei Zbelovska Gora, wo die Bahn auf die Dravinja trifft und sie auf einem kleinen Steinbogenviadukt überquert, wird die Landschaft schlagartig weiter und flacher. Der Viadukt selbst als auch die kurvenreiche Passage davor boten Motiv. Letztere konnte von einem kleinen Stück freier Fläche des Gegenhangs gut eingesehen werden. Dazu musste nur ein wenig durch das Geäst nach oben gekrochen werden. Nach der Alpenvereinseinteilung befände ich mich damit nun knapp außerhalb der Alpen während die Bahn noch knapp darin liegt. Praktisch sieht man da aber kein Unterschied. Noch auf halbem Wege den Hang hoch überraschte mich ein nach Maribor fahrender und noch mit einem Notschuss bedachter Pendolino, da hätte ich wohl mal lieber nochmal im Fahrplan schauen sollen. Dafür hörte man einen Zug aus der „richtigen“ Richtung, es klang eher nach einem Dieselfahrzeug. Güterverkehr müsste es auf der Strecke eigentlich auch geben, aber rechnete ich heute, zwischen den Feiertagen, nicht wirklich damit. Und kaum war der Gedanke zu Ende gedacht, tauchte ein 813 auf und auch dieser war komplett frei von Verunstaltungen. Es dürfte sich um LP 2911 gehandelt haben, den ich auch übersehen hatte. Und nicht weit danach erschien auch der Emona mit seiner slowenisch-österreichischen Wagengarnitur und, juchhe, das erste Graffiti war im Kasten.


Der Blick auf die Alpen und einen sauberen Triebwagen, schon wieder, dieser 813 dieselt den kompletten Laufweg von Maribor bis Celje unter Fahrdraht


Das Graffiti auf dem zweiten Wagen vermittelt wenigstens ein bisschen Slowenien-Feeling, der Emona bei Zbelovska Gora

Nun käme noch ein Regionalzug von Süden, dabei könnte es sich um den zuvor gesehenen sauberen Desiro handeln, der ja SEV-bedingt in Celje wenden muss. Dazu begab ich mich wieder zurück zum Rest der Familie, die unweit des Dravinjaviaduktes einen angenehmen Platz gefunden hatte. In der Ruhe, lediglich das Rauschen des Baches, der paar Meter weiter in die Dravinja mündet sowie ab und zu ein entferntes, wahrscheinlich einem landwirtschaftlichen Gerät entspringendes Geräusch waren zu hören, ließ es sich ganz vorzüglich auf den Triebwagen warten. Wobei, ganz korrekt ist das nicht, denn man hörte auch dann und wann einen Schuss oder eine Explosion. Es war nicht laut und mit großen unregelmäßigen Abständen, also glaubte ich an Sprengarbeiten in einem Steinbruch in der Nähe, wir hatten auf der Fahrt bereits einige gesehen. Aber würde man Sprengungen wirklich zum Karsamstag in der Mittagszeit durchführen? Nun kam aber erstmal der Triebzug und der sollte auf dem Viadukt fotografiert werden. Dazu wollte ich noch ein wenig den Hang hoch, der aber arg verkrautet war. Aber eine freie Stelle hatte ich gefunden, von der konnte man sogar einen seitlichen Vorschuss mit einer kleinen Burgruine o.ä. auf einem Hügel machen und mit zwei Schritten dann den Standpunkt für freie Sicht auf das Viadukt erreicht. Theoretisch sollte das klappen. Praktisch bleib ich aber nach dem ersten Bild an irgendeinem Bodenkraut hängen und stolperte fast den Hang runter. Als ich mich wieder stabilisierte war der Zug natürlich schon fast vom Viadukt runter, glücklicherweise gab es kurz danach noch ein freies Streckenstück, so konnte es noch ein Zug-mit-Viadukt-Bild statt des geplanten Zug-auf-Viadukt-Bild werden. Und im Nachhinein bin ich ganz zufrieden, vielleicht hätte ja das hinter dem Viadukt liegende Klärbecken auch unschön aus dem Fahrzeug geragt.


Da kommt der saubere Desiro wieder zurück und hat soeben die Dravinja überquert

Nun war es Zeit für den Rücksturz nach Celje, schließlich musste auch Verpflegung für den Urlaub besorgt werden. In Celje hat man da eine ganz reichhaltige Auswahl und die Stadt erweckt ganz allgemein eher den Eindruck man befinde sich in einer deutlich größeren Stadt als in einer mit der Einwohnerzahl einer mittleren deutschen Kleinstadt. Vor den Einkäufen wurde noch gespeist und nach den Erledigungen meldete auch der Wagen Durst an. Das Wetter war nach wie vor super, das konnte noch genutzt werden. Nach dem Verstauen der Einkäufe ging es direkt von der Ferienwohnung fußläufig hinauf auf den 600 Meter hohen Hom, einen der kleineren Berge der Posavsko hribovje (zu dt. Sava-Berge oder auch Savagebirge), welche sich nördlich und südlich des namensspendenden Flusses erstrecken und im Norden vom Celje-Becken begrenzt werden. Unser Host gab uns den Tipp, dass die Gipfelschänke nur an Wochenende geöffnet hat und nach einstündiger Wanderung erreichten wir die urige und gemütliche Gaststätte, die auch einen kleinen aber feinen Außenbereich aufwies, wo bei einem wohlverdienten Laško die tolle Aussicht auf die Berge und das sich vor einem ausbreitende Celje-Becken genossen wurde.


Blick vom Außenbereich der Hom-Schänke auf die Hügellandschaft der Posavsko hribovje, links hinter dem mittigen Hügel befindet sich Celje

Während der Wanderung hallten immer wieder mal mehr, mal weniger laute Schüsse durch die Gegend, genau wie beim Vormittags/Mittagsausflug bereits gehört. Seltsam, gibt es hier auch einen Steinbruch in der Nähe und sprengen die jetzt immer noch? Aber da waren auch Explosionen dabei, die waren deutlich näher und manche weiter weg. Es war befremdlich und kurz überlegte ich, ob das besorgniserregend sei oder nicht. Aber entgegenkommende Wanderer und auch andere Gäste der Gipfelwirtschaft zeigten keinerlei Reaktionen auf die Explosionen und daher beschied ich mich mit dem Gedanken, dass dies wohl vollkommen normal wäre. Am Abend musste ich dann aber doch die Internetrecherchemaschine anschmeißen. Bei den Explosionen handelte es sich um die Tradition des Osterschießens, was in dieser Region und auch in der Lausitz verbreitet ist und zur Feier der Auferstehung Jesu bzw. des Sieges über den Tod praktiziert wird. Obwohl schon häufiger in der Lausitz zugegen, war mir dies bisher gänzlich unbekannt. So konnte beruhigt eingeschlafen werden.

Ostersonntag, 21.04.19

Auch heute sollte es wieder von früh bis spät Sonne ohne Unterbrechung geben, aber große Motivation, das gemütliche Frühstück im Freien zugunsten eines Eisenbahnfotos zu beschleunigen oder gar zu beenden, hatte ich nicht. Außerdem stand die Burg Celje auf dem Programm, eine der bedeutendsten und flächenmäßig größten Burganlagen Slowenien, die über der Stadt thront und von der man nicht nur einen hervorragenden Blick auf die Stadt, das Celje-Becken und die Sava-Berge hat, sondern praktischerweise auch auf Bahnhof und Eisenbahnstrecke. Aber wenn man nicht trödelt könnte man ja vorher vielleicht noch den Citadella mitnehmen. Nicht weit von der Burg entfernt, ein wenig das Savinjatal hinein, nahe der Ortschaft Tremerje, wechselt die Bahn die Talseite und verläuft für ein kleines Stück parallel zur Straße. Das Savinjatal ist zumeist relativ eng, hier aber wird es kurzzeitig etwas weiter, sodass sogar Ackerbau lohnt. Dachte ich bei Abfahrt an der Unterkunft, da wäre noch genug Puffer, so kristallisierte sich während der Fahrt immer mehr heraus, dass es ganz schön knapp werden würde. Zu knapp schlussendlich. Auf die Brücke selbst hat man von der in den Hügeln gelegenen Ortschaft Rifengozd einen schönen Blick, das hatte ich mir aus einem Fotobericht notiert. Und als wir zu diesem Ort abbogen rollte auch schon der Citadella vorbei. Das war zwar etwas ärgerlich, aber die Streckenbauarbeiten hatten auch die Brücke mit eingeschlossen. Es lag nur ein Gleis und von der Fotoseite aus gesehen befand sich eine Art Absperrfolie, farblich doch ziemlich auffällig, davor. Da ich trotzdem mal die Aussicht von oben checken wollte, fuhren wir die steile Straße hinauf. Ein toller Blick bot sich mit den markanten kegelförmigen Bergen im Hintergrund. Direkt an der Bahn waren zwar auch einige Baufahrzeuge abgestellt, aber von hier oben störte das kein Bisschen, den Punkt könnte man die Tage nochmal ansteuern. Nun also ab zur Burg. Während ich das Auto wendete, kam der Hinweis vom Sohn, dass ein Zug im Tal zu sehen ist. Tatsächlich rollte gerade in diesem Moment ein Güterzug mit farblich attraktiven blau/weißen Containern (diese sollte ich später noch einmal unfotografiert aus der Nähe sehen, es waren recht neue Rocktainer Erzwagen von Innofreight) das Motiv entlang. Das zweite Ärgernis des Tages, ich habe ihn zwar noch beim Passieren der Brücke abgelichtet, aber so wirklich überzeugend war das nicht. Nun aber ab zur Burg Celje.


Blick vom Bergfried auf die Burg, die Savinja, ein Stückchen Celje, die Sava-Berge, das Celje-Becken und ganz im Hintergrund oberhalb der Burg sogar die schneebedeckten Steiner Alpen

Die Burg war sehr sehenswert und wirklich sehr schön hergerichtet, es gab eine Sonderausstellung zu mittelalterlichen Folterinstrumenten, wobei ich mir nicht sicher bin, ob man sich so etwas unbedingt anschauen muss. Und natürlich bot die Burg eine tolle Aussicht nicht nur auf die Landschaft. Von einer Aussichtsplattform am westlichen Ende der Burg kann man schön auf die Bahnhofsanlagen herabschauen. Das Motiv eignete sich besonders für nach Süden ausfahrende Züge, also gerade die Richtung in die aufgrund der Bauarbeiten bis auf wenige Fernzüge nun kein Zug fährt. Aber vom knapp verpassten Erzzug wusste ich ja, dass heute mit Güterverkehr zu rechnen ist. Also wartete ich. Auch heute hallten immer wieder die Osterschüsse durch das Tal, teilweise mit einer immensen Lautstärke. Auf dem Weg die Burg hinauf waren wir auch einer Gruppe junger Männer begegnet, die sich am Wegesrand mit Klappstühlen, Bier und Proviant eingerichtet hatte und gerade am Aufbauen der „Kanone“ war. Irgendwie erinnerte mich das an so manche Männertagstradition. Die „Kanone“ sah stark nach Eigenkonstruktion aus, es könnten auch einfach nur ein paar zusammengeschweißte Rohre gewesen sein. Eigenbau, Sprengstoff und Alkohol, da gibt es sicher eine beträchtliche Zahl Unfälle jedes Jahr. Ein Güterzug kam selbstverständlich nicht und es stand jetzt auch der Regionalzug aus Maribor an, der im Bahnhof endet. Würde es sich wieder um den sauberen Desiro handeln? Das tat es. Ich hoffte, dem Personenzug käme ein Güterzug hinterher, aber irgendwann war ich und auch der Rest der Familie des Wartens überdrüssig und wir schauten uns die Burg weiter an. Vielleicht war der Erzzug eine absolute Ausnahme am Feiertag. Selbstverständlich erblickte ich weit danach einen im Tal gen Süden fahrenden Containerzug, das Motiv bereits passiert. Das war dann schon der dritte verpasste Zug heute. Herrje.


Blick von der Burg auf Celje und seinen Bahnhof, wo gleich der graffitifreie Desiro aus Maribor halten wird, der sich momentan noch im Abzweigbereich der Strecke nach Velenje befindet, deren Streckenendpunkt sich hinter dem Gebirgszug im Hintergrund befindet und nach einem großen Bogen um diesen herum erreicht wird – der Fluss ist übrigens die unterhalb der Burg in die Savinja mündende Voglajna

Letzter noch nicht besichtigter Punkt war der Burgfried, von diesem kann man zwar nicht mehr so schön den Bahnhof einfangen, dafür aber auch Züge aus Süden ganz brauchbar ablichten. Und kaum oben angekommen hörte man es schon von unten rauschen. Das klappte nun mal ganz gut. Allerdings war das jetzt schon arg im Gegenlicht, aber da wir bereits Mittag hatten schien die Sonne ja eh mehr von oben auf den Zug herab. Vor dem Containerzug hing eine Lok der Reihe 363, welche in den Siebziger Jahren von Alstom an die jugoslawische Eisenbahn geliefert wurde, technisch sehr eng mit der Reihe CC 6500 verwandt ist und aufgrund ihres Vorbaus analog zur tschechischen „Bardotka“ den Spitznamen „Brižita“ erhielt.


Ein Containerzug von Süden vom Bergfried aus gesehen, die mittige Erhebung hört auf den Namen Malič und ragt bis zu 936 Meter empor

Zum Abschluss der Burgbesichtigung gab es noch ein kleines Mittagessen im netten Burgcafé, dazu ein alkoholfreies Bier, denn es stand noch eine Fahrt zum Nachmittagsprogramm an. Ich konnte die Familie von einem Abstecher ins Savatal überzeugen, wo sich sowohl Entspannung als auch das ein oder andere Eisenbahnfoto verbinden lassen. Die Sava ist Sloweniens längster Fluss, sie entspringt in den julischen Alpen im Nordwesten und durchquert Slowenien einmal in südöstlicher Richtung. Ab etwa der Hauptstadt Ljubljana wird sie dann begleitet von der Bahnstrecke nach Dobova an der slowenisch-kroatischen Grenze. Die Strecke wird mehrfach am Tag von internationalen Schnellzügen befahren, welche ihr Ziel bzw. Start zumeist in Kroatien, aber auch im serbischen Belgrad besitzen. Bis Krško, bekannt vor allem durch das einzige Atomkrakftwerk Sloweniens, durchqueren Fluss und Bahn das Savagebirge in einem teils sehr engen Tal. Um von Celje aus dorthin zu gelangen, folgt man dem Lauf der Savinja, die bei Zidani Most in die Sava mündet. Dort treffen sich auch die Eisenbahnstrecken, wobei im Grunde eigentlich die Strecke nach Dobova von der Strecke Maribor-Ljubljana abzweigt. Bei der Fahrt durch das Savinjatal, wo sich Bahn, Fluss und Straße mitunter sehr nahe kommen, entdeckte ich einige potentielle Motive, wobei der starke Bewuchs an der Strecke auch viel verhindern dürfte.
Der erste Programmpunkt am Nachmittag war EC 210 von Vinkovci an der kroatisch-serbischen Grenze nach Villach. Dieser wurde passenderweise nach dem Fluss benannt und ist in der Regel mit einem slowenischen Taurus der Reihe 541 bespannt. Motivlich wurde zunächst Breg angesteuert, dort beschreiben die Sava und die unmittelbar neben ihr verlaufende Bahnstrecke einen großen Bogen, in dem man zu fast allen Tageszeiten etwas Passendes findet. Leider befanden sich auch hier zahlreiche Bäume und Sträucher vor den Gleisen, lediglich im wieder nach Süd drehenden, östlichen Bereich waren größere freie Abschnitte. Aber das passte vom Licht her nun gar nicht zu dem von Osten kommenden Zug, wäre aber was für den in zwei Stunden zurückkehrenden Gegenzug. Also flugs weitergefahren nach Sevnica, dort passt das Licht und ein Motiv gibt es mit der Burg Sevnica auch. Glücklicherweise war die Strecke hier recht krautfrei, denn die Planzeit war schon ran und ein weiteres Umsetzen nicht mehr möglich. Pünktlich erschien der Zug mit seinen slowenischen und kroatischen Wagen.


Der „Sava“ an der Sava unterhalb der Burg Sevnica, der Fleck an der Lok ist übrigens kein Graffiti, vielmehr wirbt 541 014 für ein von der Slowenischen Eisenbahn gesponsertes Schachturnier

Erfreulicherweise empfand auch der Rest der Familie den Standort am Savaufer als geeignet für erholsames Verweilen. Zwar war die Straße nicht wirklich weit weg, aber heute zum Feiertag war nur wenig Verkehr. So konnte ich auch etwas weiter westlich vor einer markanten Felsformation den nächsten Regionalzug nach Dobova ablichten. Ich erwartete einen beschmierten Desiro, denn der vmtl. einzig saubere des Landes pendelt ja zwischen Maribor und Celje, aber zu meiner Freude bestach auch der als LP 2393 fahrende Triebzug mit ausgezeichnetem Lackzustand.


Es scheint also mindestens zwei saubere Desiro in Slowenien zu geben, einer davon ist kurz hinter Sevnica nach Dobova unterwegs

Für den Sava-EC fuhren wir wieder zurück zum Savabogen bei Breg, bzw. nach Kompolje, das auf der anderen Seite des Bogens liegt. Hier war zwar das Flussufer nicht so schön zugänglich, aber es ließ sich in einer kleinen Baumgruppe mit Sitzgelegenheit auch prima entspannen. Und man konnte sogar noch länger entspannen, denn nachdem die Planzeit verstrich, warf ich mal einen Blick in die App der slowenischen Bahn. Der Zug hatte infolge Wartens auf SEV, dieser war zwischen Jesenice an der österreichischen Grenze und Ljubljana eingerichtet, etwa 35 Minuten Verspätung. Während des Wartens betraten noch zwei Güterzüge im Gegenlicht und ein aus der passenden Richtung kommender, nicht so fotogener Schiebebandwagenganzzug die Bühne. Der EC war dann wieder die gleiche Garnitur mit der Schachwerbelok, da gab es in der Hauptstadt eine Kurzwende.


Die Schachlok und die Wagen kehren als EC 211 nach Vinkovci zurück, im Hintergrund der 948 Meter hohe Lisca, von dem sich einige Gleitschirmflieger in die Lüfte begaben

Nun sollte es das hier gewesen sein und die Rückfahrt zur Unterkunft war beschlossene Sache. Als ich die Verspätung des „Sava“ recherchierte fiel mir auf, dass der „Citadella“ aus Budapest mit ordentlich Verspätung unterwegs war. Dadurch würde der Zug gut am Burgmotiv in Celje klappen. Damit ist nicht der Blick von der Burg sondern von unten auf die Burg und Bahnstrecke gemeint und war eigentlich ein Motiv, dass ich gerne umsetzen wollte, wofür aber aufgrund der Bauarbeiten zwischen Celje und Zidani Most schlicht und einfach die Züge fehlten, denn zur Planzeit des „Citadella“ wäre das Licht noch recht hoch und spitz gestanden. Fraglich war nur, ob man es rechtzeitig schaffen würde und ob der Zug nicht Verspätung abbauen würde. In Zidani Most verabschiedete ich mich aber von dem Gedanken, denn just in dem Moment, als wir die schmale Steinbrücke über die Savinja passierten, bog der „Emona“, der als EC 150 geführt Ljubljana und Wien verbindet, ebenfalls vom Sava- ins Savinjatal ab und aufgrund der Bauarbeiten und der kurvenreichen Trassierung das Flusstal entlang würde man den Zug wohl auch noch einmal erwischen können. Das gelang dann sogar zweimal, einmal am Bahnhof Rimske Toplice, der sich im Gebiet von Globoko befindet, und in Laško, wo die Bahn die Savinja vor der Kulisse der Brauerei quert.


Da bekommt man doch gleich Durst – der „Emona“ vor der Laško-Brauerei, deren wohlschmeckende Erzeugnisse zu den bekanntesten ihrer Art im Lande zählen

Kurz hinter Laško kam uns der „Citadella“ entgegen, ob man ihn ohne Stopp wohl erwischt hätte? Der Abend wurde dann mit lecker Essen und Wein auf der Terrasse verbracht.

Das waren jetzt erstmal zwei Tage Sonne mit schon mal recht zufriedenstellenden Fotoergebnissen. Die nächsten Tage waren mit weniger Eisenbahn, dafür mehr touristischem Programm geplant. Dass man dabei in Slowenien sogar unter der Erde zu Eisenbahnfotos kommt, davon mehr im nächsten Teil.

Danke für die Aufmerksamkeit
björn